Ein Wort zum Alkohol

Gestern habe ich gelesen, dass sich überdurchschnittlich viele Berliner zu Tode saufen und rauchen. Da habe ich vor Schreck den ganzen Tag keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt.

Natürlich bin ich nicht gefährdet. Ich lebe weder in Neukölln noch in Hellersdorf-Marzahn. Da wo die Armen und Hoffnungslosen wohnen, wird am meisten getrunken und geraucht. Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, kaputte Familien, das Gefühl abgehängt zu sein – alles gut nachvollziehbare Gründe für übermäßigen Drogenkonsum. Wer das nicht versteht, hat entweder ein überaus gelingendes Leben oder lügt.

Allerdings gibt es keine Droge, die über alle Schichten hinweg so breit akzeptiert wird wie Alkohol. Oberschicht, Mittelschicht, Unterschicht: wir saufen alle. Der Politiker, der Arzt, die Journalistin, die Bischöfin, der Maurer und der Arbeitslose. Denn wir haben alle dieselben Probleme. Dabei fängt es gar nicht immer nur mit Problemen an. Es fängt bei Familienfeiern oder mit den Kumpels vor der Bushaltestelle an. In geselliger Runde. Und es tut gut. Es baut Hemmungen ab, macht lustig und warm im Bauch.

Und dann geht das eben immer so weiter. Wir saufen uns durch die Abifeier, durchs Studium, durch Abendveranstaltungen, durch Fastenzeiten, durch Trennungen, durch Jobkrisen und durch peinliche Situationen. Wir saufen mit der Familie, den Freunden, allein vorm Fernseher, in der Kneipe oder auf dem Parkplatz vor dem Aldi. Und ehe wir uns versehen, ist es zur Normalität geworden. Und wenn die Leute um uns herum genauso viel trinken, gibt es da niemanden, der sagt: Hör doch mal auf! So wie es vielleicht einer sagen würde, wenn wir ständig nur bekifft oder zugekokst wären. Oder?

Jetzt würde ich auch gern noch irgendwas Kluges schreiben, über die Schädlichkeit von Alkohol und darüber, dass uns das kaputt macht und passiv, zu müde, uns aufzulehnen gegen die herrschenden Verhältnisse und dass das doch auch keine Lösung sein kann und dass man das Zeug am besten verbieten sollte um uns vor uns selbst zu schützen.

Aber das wissen wir doch eigentlich alles, oder? Und außerdem ist gerade Freitagabend. Deshalb sage ich Prost!

Und passt auf Euch auf…

Dieser Beitrag wurde unter Landkultur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Ein Wort zum Alkohol

  1. Pingback: Guten Morgen | Too much information

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert