Sächsische Säulen setzen

Jut. Ich geb’s zu, der letzte Eintrag war ein bisschen, sagen wir mal, wenig euphorisch? Passt eigentlich gar nicht zu meiner derzeitigen, sehr heiteren Grundstimmung. Deshalb will ich meine gute Laune teilen und auch Euch eine Freude machen. Mein geschätzter und sehr begabter Freund Thomas hat multimedial aufgerüstet. Für sein Blog hat er die wohl letzte Ikone risa’schen Mundarthumors videointerviewt. Auf dass auch in unseren Köpfen die Konjunktur wieder anziehe und die Vorweihnachtszeit unsere Herzen erleuchte. Viel Spaß beim Schauen!

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Schlimme Momente

Der schlimmste Moment des Tage ist der, an dem man aus dem Bett aufstehen muss. Er wird eigentlich nur noch überboten von dem Moment, an dem man den Vorhang am Fenster zur Seite schiebt, hinaus schaut in die graue Brühe, die sich über der Stadt zusammengebraut hat und erkennt, dass auch dieser Tag nichts aber auch gar nichts Schönes bereit hält. Noch ein bisschen schlimmer ist dann vielleicht nur noch der Moment, wo man in den Schrank schaut und nichts findet, was diesem grässlichen Wetter angemessen wäre und sich in irgendwas Wollenes, Kratzendes zwängt, was schon im letzten Winter eingelaufen und viel zu eng war und modisch auch schon lange nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Eigentlich gibt es danach nur noch einen Moment, der schlimmer ist, als all die anderen. Es ist der Moment, an dem man das Haus verlässt und sich widerwillig in die Regensuppe hineingleiten lässt, wie ein Boot, das jemand losgebunden hat und das nun haltlos und ziellos durchs Meer fährt. Und wenn man dann denkt, schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden, sieht man plötzlich all die anderen Gesichter in der Stadt, fahl, leer, missmutig, nassgeregnet. Man blickt in hundert Spiegel seines eigenen Befindens und erschaudert innerlich, weil man sich bei dem Gedanken gruselt, der einen plötzlich erfasst.

DASS
DAS
JETZT
FÜNF
MONATE
SO
WEITER
GEHT
!!!

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Vermischt

Irgendwie hat sich eine Verbindung hergestellt. Klammheimlich hat sie sich eingewählt, ohne anzuklopfen, einfach so. Und nun ist sie da, diese andere Welt, hat sich Puzzleteil für Puzzleteil in der Realität ausgebreitet, um in kurzen Sequenzen, so kurz, dass das Auge sie kaum erkennen kann, aufzutauchen, wie eine dieser Werbebotschaften, derer man sich gar nicht bewusst wird, weil sie nur ganz schnell eingeblendet werden und die einen dazu verleiten, plötzlich nach dem ganz bestimmten Produkt im Supermarkt zu greifen. Hallo Du Traumwelt, Du nicht existentes Wesen aus einem anderem Universum. Willkommen in der grauen Hässlichkeit der täglichen Routine, des trägen Atems der Wirklichkeit. Oder ist dies gar nicht die Wirklichkeit? Wenn heute und morgen und gestern eins ist ,wo ist dann die wahre Zeit geblieben? Wo das Alter? Wo der Weg? Ach, der Weg…Wenn Du in die echte Welt übertrittst, muss Du aufpassen, dass Du nicht zerreißt, denn Dein Gewand ist dünn und brüchig, wie eine uralte Strickjacke von H&M. Zart,wie der erste Schnee im Winter. Du musst aufpassen, dass Du nicht schmilzt, denn ich will Dich noch ein bisschen hier behalten. Du machst, dass alles ein kleines bisschen schöner wird, hier in der anderen Welt.

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Peerspektiven

Da ist es nun. Frisch gepresst, so sagte man doch früher, oder? Die Band Peer hat ihr erstes Album rausgebracht. Es hat eine schöne, glänzende Hülle und darauf sind viele Peerfreunde lächelnd auf einem Gruppenfoto versammelt. Das Album heißt „Wir sind Peer“. Und alles, was sich darauf befindet, ist gut.

Wer in den letzten zwei Jahren Peer-Konzerte besucht hat, dürfte gute Bekannte unter den Liedern entdecken. Live haben die Peers die Stücke schon oft vertont. Das Schöne daran ist, das man sich nicht satthören kann an dem Spiel mit den Worten und diesen schlauen Assoziationen mit denen Frontsänger Peer dem diffusem Gefühl der Ratlosigkeit, Unsicherheit und Zerrissenheit einer Nichtgeneration Ausdruck verleiht, die alles hat und alles kann und es dennoch nicht los wird unzufrieden zu sein. Anders als andere deutschsprachige Liedermacher und Bands schrammt Peer dabei aber nie an der Depression vorbei sondern mengt seinen Texten erfreulich freundliche Melodien bei, lebensbejahend und nur selten in Moll.

Peer traut sich, Zuversicht zu verbreiten in einer Zeit, in der man nicht so recht weiß, ob die Krisen der Welt wirklich schwerer wiegen, als all die kleinen persönlichen Krisen. Und auch wenn sich Unwohlsein ausbreitet angesichts der Tatsache, dass sich alles wiederholt, auch wenn wir alle irgendwann drohen in die Falle aus Sicherheitsdenken und Alltag zu tappen und unsere Illusionen irgendwann jenseits der zwanzig verloren gegangen zu sein scheinen: Peers Lieder klopfen einem auf die Schulter wie ein alter Kumpel und sagen: Kopf hoch, so schlimm ist es doch nicht. Und verloren hast Du erst, wenn Du das Schöne nicht mehr siehst.

Deshalb empfehle ich heute: Hört Peer! Es macht glücklich.

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Im Wunderland

Irgendwo hinterm Regenbogen, am anderen Ende der Torstraße fragt der polnische Versager plötzlich, ob wir Ecstasy bräuchten, wir sähen so müde aus. Als ob das noch was bringen würde. Nein, wir würden jetzt wirklich gern gehen, was aber nicht funktioniert, weil der Pyromane uns in ein Gespräch verwickelt. Über Feuerwerke in Singapur. Oder Bangkok? Naja egal, jedenfalls sind neulich dabei welche in die Luft geflogen. Aber das war in Vietnam. Hier darf man keine richtigen Feuerwerke veranstalten, nur so Babykram. Der Pyromane, der eigentlich Lehrer ist (von Feuerwerken kann man hierzulande ja nicht leben) würde gern noch mehr erzählen, aber dann wäre der Kurzfilmregisseur am anderen Tisch bestimmt eifersüchtig. Der schaut auch schon ganz scheel zu uns rüber. Wir müssen dringen gehen, sonst kommen wir hier heute nicht mehr weg. Oder ist schon morgen? Der polnische Versager schaut melancholisch. Er findet, betrunkene Menschen erzählen so langweilige Sachen. Und führten sich auf, als ob sie jahrelang eingesperrt gewesen seien und heute zum ersten Mal nach langer Zeit rausdürften. Überhaupt tanzt keiner hier, das findet er komisch. Pizza oder Pommes, fragt er. Wir verabschieden uns. Auf dem Weg nach Hause kommen uns viele Fragen in den Sinn. Warum trug die Vogelscheuche mit den knalligen Lippen eine Sarrazinbrille? Und hat sie überhaupt irgendeinen unserer Sätze verstanden? Und warum tut man heutzutage so viel Gemüse in den Drink? Handelt es sich in Wahrheit um einen Salat?  Mit Alkohol? Warum kriegen Franzosen freien Eintritt in die Sowjetunion? Woher kam der verrückte Hutmacher und wohin ging er? Er sah aus wie eine Mischung aus Slash und einem Lederkoffer und alles, was er tat war, verwirrt zu grinsen. Ob er zwischen den Universen hin und her wanderte? Wir brauchen noch ein Getränk, um runterzukommen und fallen bei der Barprinzessin ein. Sie begrüßt uns mit Lächeln, wir stehen Kopf vor Glück. Sie ist der Sonnenschein der Nacht, die wahre Fee im Wunderland. Sie setzt uns zum Currykönig an den Tisch, der die Welt kennt, wie sie wirklich ist. Er erzählt vom Imbisskrieg und wir schwören, nirgendwo anders mehr zu essen, als bei ihm. Wir sind schließlich die Guten. Das weiß auch die Barprinzessin und deshalb trinkt sie noch einen Kurzen mit uns mit. Irgendwann schaffe ich es tatsächlich nach Hause. Das Handy piept: „Berliner Nächte sind wie Schnee auf dem Zuckerhut. Wer das aufgibt, muss wahnsinnig sein!“

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Trashlove I

Aus Liebe zum Buffet

Aus Liebe zum Buffet

Ein Klassentreffen ist letzten Endes ja nichts weiter als der Sieg der Neugier über die Vernunft. Machen wir uns nichts vor: niemand hat ernsthaft Spaß daran, die oft lange und beschwerliche Reise in die Heimatprovinz anzutreten, um den ganzen Abend mit Menschen zu verbringen, mit denen man sich schon vor Jahren nichts zu sagen hatte. Sagt jedenfalls jeder, den Du fragst.

Und dann sitzt Du plötzlich im Auto und fährst dorthin und weißt noch nicht genau, was um alles in der Welt Dich dazu gebracht hat, Deinen liebevoll mit Kindergeschrei und Kaffeduft gepflasterten Bilderbuchkiez und ein aufregendes Wochenendprogramm hinter Dir zu lassen, um in eine Gegend zu fahren, in der vielleicht der Wald rauscht, ganz sicher aber nicht das Leben.

Aber es macht Dir nichts aus, Du fragst nicht nach dem Sinn oder dem Grund, oder wie auch immer man das nennt, das sich Menschen so ausdenken, um sich das Leben möglichst frühzeitig so kompliziert wie möglich zu machen. Eine Allee in der Uckermark, großzügig mit gelben Blättern behängt, weist Dir den Weg in Deine Vergangenheit und plötzlich ist Lethargie das Großartigste, was Dir passieren kann. Du fühlst Demut und Dein dahinfahrendes Auto ist nur ein willenloser Scherenschnitt im Universum – du bist ein Zen-Meister auf dem Weg in die Unendlichkeit.

Und dann, als Du all die Menschen wiedersiehst, die genauso wie Du, seit zehn Jahren gehen oder sogar laufen, vorankommen, zurückfallen, aufstehen und wieder hinfallen, da merkst Du, dass sich nichts verändert hat, außer die Umstände. Nicht jeden erkennst Du wieder, aber die, die wichtig sind, findest Du und wie automatisch verteilen sich die alten Freundschaften wie früher auf die zwei langen, mit weißen Tischdecken gedeckten Tafeln. Natürlich wird sofort getrunken, ach was, gesoffen, die Zeit ist knapp und jünger wird man auch nicht. Aufgeregtes Gerede, Gerüchte, Geläster, Zigaretten, Zigaretten, Zigaretten (obwohl auch in Polen nicht mehr so billig). Wir sind wieder 17 und es ist schöner als je zuvor, denn heute wissen wir, dass alles nicht so schlimm ist, wie wir damals dachten. Wir sind gelassen und weltgewandt und unsere Provinzialität haben wir abgestreift, wie eine alte Haut. Wir verdienen Geld und fahren Autos, haben Kinder und Ringe am Finger. Und hierher kommen wir nur, wenn uns danach ist.

Und dann passiert das: Während Du Dich noch amüsierst über diesen muffigen, unbeheizten Saal in dieser grauen Pension am Weltende, mit den unverwechselbaren Neunzigerjahre-Stuhlpolstermustern und dem Plastikblumenschmuck über der Tanzfläche, den zwei Frauen hinter dem Tresen, deren Blick abwechselnd stur und lustlos ist, der feiernden, wurzelpeterergebenen Familie mit Rentnerüberschuss im Nachbarraum und dem Ostseewelle-Hitradiomix aus der silbergrauen Kompaktanlage, wird das Buffet eröffnet.

Und angesichts der Käsespießchen, Bouletten, Würstchen, dem Kartoffelsalat und der Fleischvariation mit Käse überbacken, der Soljanka, dem Auflauf aus Kartoffeln, den Bratkartoffeln, dem Schinken, den Kroketten, dem Krautsalat…angesichts dieses ganzen Kartoffel-Fleisch-Wurst-Käse-Exzesses stockt Dir der Atem und Du stehst kurz wie gelähmt da, während die ersten sich schon darauf stürzen wie auf ein erlegtes Mammut. Die Szene erzeugt eine Wehmut in Dir, wie es nur der Anblick von genusslos essenden Menschen vermag. Du fühlst Dich plötzlich ertappt in Deiner Sehnsucht nach dieser Form von schlechtem Geschmack und Deiner Rührung für Dinge, die keiner mehr mag. Und Du merkst, dass das hier, Dich immer verfolgt. Egal in welchem Edelkiez Du heute auch wohnst, wie viele Künstler Du morgen auch triffst. Egal, wie groß die Orte und Namen, die Schönheit, Idylle und Bilderbuchszenen. Das echte zu Hause wohnt im Kartoffelsalat.

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Gallopierender Wahnsinn

Wie hältst Du das eigentlich alles aus?

Provinzkind: Guten Abend. Frage ich mich auch immer. Wovon redest Du?

Na ist doch wohl logisch, oder? Dieser ganze, kranke Wahnsinn. Jeden Tag dieser Waaahnsinn!

Provinzkind: Würde es Dir große Umstände machen, Dich etwas zu präzisieren?

Es geht doch immer nur weiter mit dem Wahnsinn. Die Menschen, die Tiere, die Erde, das Weltall. Alles nur kompletter, gallopierender Waaahnsinn.

Provinzkind: Also so kommen wir irgendwie nicht weiter. Ich meine, ich gebe Dir ja recht, aber das ist doch keine Gesprächsgrundlage, oder? Kannst Du mal Beispiele nennen?

Okay, ich versuch’s.

Provinzkind: Ich mach mir mal `nen Kaffee, bin gleich wieder zurück. Du kannst Dich in der Zeit ja mal sammeln.

Juti, bis gleich.

Provinzkind: Bis gleich.

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Frohsinn deluxe

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Märchenstunde

Foto: romana klee/Flickr.com

Sonntagnachmittag. Eine Bühne, mitten auf dem Platz, zwischen Schaukeln, Rutschen und Büschen. Bratwurst und Bier und Kinderschminken. Menschen, lose verteilt, lässig im Sonntagschick, entspannt, gut gelaunt. Mal was anderes. Man kennt sich und wohnt nebenan.

Der grauhaarige Mann im Anzug, so um die fünfzig. Seine kleine Tochter, vielleicht eineinhalb. Sie kann schon laufen aber kaum sprechen. Verzückt beobachtet er sie, sein Lächeln wirkt entrückt. Der Sinn seines Lebens, gut, dass er ihn noch gefunden hat nach all diesen Jahren. Nach Konferenzen, Verhandlungen und Wutausbrüchen. Und immer diese Kündigungen. Wie lieb das alles hier im Gegensatz dazu. Sein Iphone macht Fotos.

Das Punkmädchen springt umher, leichtfüßig, barfüßig, dreckfüßig. Eine elegante Gestalt in zerrissenem Gewand. Der Kopf, ein Experimentierfeld aus Strähnen und Stoppeln. Eine Körperhaltung so stolz wie die einer Tänzerin, trainiert vom Pingpong, weit weg vom Morgen. Die Tischtennisplatte – ein Universum, um das sie sich dreht.

Der Platz wird voller, die Seeligkeit wächst. Die Band vorne weint ein Lied mit Anspruch auf mehr. Es scheint eine trostlose Sonne, die niemanden wärmt. Zu Hause ist auch nur ein Wort, vielleicht zwei. Ganz weit weg von hier, vielleicht tief in Dir drin. Es zu befreien braucht mehr als ein Bier.

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Der Sofortherbst

Der Sofortherbst setzte sich mit all seiner Fülle feist und dreist auf den Sommer.
„So“, sagte er und verschränkte die Arme vor der massigen Brust.
Grinste selbstgefällig und strich sich noch eine nasse Strähne aus der Stirn.
Mit einer Stimme, die wie faulige Blätter klang, skandierte er: „Spätsommer? Is Luxus!“
Er bestellt sich drei Weizenbier und trank sie ohne abzusetzen aus.
Um ihn herum wurde es dunkel – früher als gedacht.

Foto: flickr.com

Foto: flickr.com/valeblos

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