Schreib das (nicht) auf!

Ich habe es ja schon immer gewusst. Ich bin ein schlechter Journalist. Immer, wenn irgendwo was passiert, bin ich nicht dabei. Beispiele? Im Februar 2004 saß ich in Dijon in der Uni und versuchte bei einer Vorlesung über Filmhistorie,  nicht einzuschlafen. Damit mir das gelingen möge, ging ich kurz raus, um mir auf dem Gang „die Beine zu vertreten“. Als ich in den Klassenraum zurückkam, leicht erregte Atmosphäre. „Ein Erdbeben, hast Du das Erdbeben bemerkt?“ Nein, habe ich nicht. Ich ging gerade über einen offenbar erdbebensicheren Gang spazieren. Am nächsten Tag stand es in der Zeitung. Überall in Dijon hatten sie das Beben gespürt. Außer auf dem Gang der Universität.

Drei Jahre zuvor hatte ich den 11. September verpasst – jedenfalls im Fernsehen. Ich war zu Besuch bei meiner Großmutter, die nur ein Radio besitzt. Ich war wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der die Flugzeuge nicht am selben Tag noch tausendmal in die Zwillingstürme hat fliegen sehen. Naja, neben meiner Oma jedenfalls. Ich habe das brennende World Trade Center erst am 12. Dezember September in der Zeitung gesehen. Unvorstellbar.

Und nun das. Ich fliege von New York City nach Berlin. 16:50 soll meine Air-France-Maschine gehen, sie hat nur eine Stunde Verspätung. Kurz nachdem sie losgeflogen ist, bricht über der Stadt offenbar der Weltuntergang in Form von tonnenweise Schnee herein. Ich sitze im Flieger und kriege davon nichts mit. Was dazu führt, dass ich solche Geschichten mal wieder nicht schreiben werde. Ich lande ohne größere Turbulenzen oder Probleme in Paris Charles de Gaulle. Dort steht die Maschine nach Berlin, die zwar auch rund zwei Stunden Verspätung hat, aber was soll’s. Das reicht nicht für einen Elf-Stunden-Report inklusive Schilderung bürgerkriegsartiger Zustände im Flugzeug.

Was bin ich nur für ein Looser. Wie soll je was aus mir werden, wenn das immer so läuft? Ich weiß es nicht. Aber ich bin froh, wieder zu Hause zu sein. Ohne Katastrophen.

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