Liebe in den Zeiten der Schweinegrippe

Es regnet, Leute sehen verschnupft aus und im Fernsehen spricht Guido Knopp über die Wende. Es ist November. Ansonsten sind wir von weiteren Katastrophen im Moment verschont. Wenn man mal von der Schweinegrippe absieht. Aber irgendwas ist ja immer.

Von der wwWuFk spricht jedenfalls neuerdings keiner mehr, zumindest nicht mit der bereits zur Gewohnheit gewordenen Weltuntergangsstimmung in der Stimme. Eher versöhnlich, so ein bisschen mit Ausblick auf Besserung. Weniger Arbeitslose als gedacht, die Banken schwimmen schon wieder im Geld, die Verbraucher konsumieren. Achso, abgesehen vielleicht von den armen Würsten bei Quelle. Aber die haben eben das Pech der Postwahlkampfpleite. Unternehmen retten ist eben nicht mehr en vogue.

Und während Außen-Guido aufgeblasen wie ein Luftballon durch die Welt jettet, „Mutti“ Angela mit süffisantem Grinsen dem Klimaschutz mal eben so in den Arsch tritt und sich Philipp Rösler – alias „das große Versprechen der FDP“ – daran macht, das Gesundheitssystem endlich mal aus der Zweiklassenmedizin zu führen, in dem er einfach alle mehr draufzahlen lässt, quengeln in Berlin die Blogger darüber rum, dass sie nicht so zitieren dürfen wie sie gern wollen.

Da in Zeiten wie diesen Helden nirgends zu sehen aber dennoch begehrt sind, schaut dieses Land noch einmal 20 Jahre zurück und weidet sich in seiner glorreichen Geschichte, indem es mantraartig die Ereignisse des 9. November 1989 vor sich herbetet. Wenn das dann auch vorbei ist, bleibt wahrscheinlich nichts weiter als ein großes Loch. Schließlich haben Wahlkämpfe, Krisennachrichten und Historie uns dermaßen gebeutelt, dass wir uns mit nichts Geringerem als einem kollektiven Burnout-Syndrom in diesem November konfrontiert sehen.

Doch es hat auch sein Gutes. Die Chancen, diesen Herbst und den darauffolgenden Winter die große Liebe zu finden sind so gut wie schon lange nicht mehr. Denn wenn die Zeiten draußen eisig sind, besinnt sich der Mensch – und vor allem der Großstadtmensch – auf die wahren Werte im Leben und praktiziert den Rückzug ins Private. Vorbei die flatterhafte Leichtigkeit der unendlich scheinenden Sommertage. Jetzt gehts ans Eingemachte. Der Single-Berliner jedenfalls schweift dieser Tage mit sehnsuchtsvollem Blick über die Flohmärkten, Kneipen oder Kaffees und scannt das Angebot an paarungsbereiten Großstädterinnen. Verzweifelter, weniger cool als noch im Hochsommer. Zeit zu verlieren hat er nicht. Denn wer jetzt keine mehr abkriegt, bleibt diesen Winter einsam. Was in Zeiten der Schweinegrippe besonders unangenehm ausgehen könnte. Wer stirbt schon gern allein?

Dieser Beitrag wurde unter Landleben, Politisches abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert